Care Revolution - raus aus Kapitalismus und Patriarchat!
In der Pandemie ist es unübersehbar geworden: Care-Arbeit, sorgende und pflegende Tätigkeiten sind für unsere Gesellschaft überlebenswichtig und die Grundlage dafür, dass unsere Bedürfnisse erfüllt werden. Das gilt für bezahlte wie für unbezahlte Care-Arbeiten. Pflegekräfte, Reinigungskräfte, Erzieher* innen und Sozialarbeiter* innen halten unsere Gesellschaft Tag für Tag am Laufen. Hinzu kommen unbezahlte Sorgearbeiten, die meist im Privaten getätigt werden und unsichtbar bleiben: Hausarbeit, Kinderbetreuung und -erziehung, private Pflege z.B. von Angehörigen, emotionale Arbeit. Oft werden diese Arbeiten, die Voraussetzung dafür sind, dass es uns gut geht und morgens überhaupt irgendwer zur Lohnarbeit in die Fabrik oder das Büro gehen kann, nicht einmal als solche anerkannt.
Nach wie vor wird sowohl der größte Teil der bezahlten als auch der unbezahlten Care-Arbeit von Frauen bzw. FLINTA (Frauen, Lesben, Inter, Nonbinary, Trans- und Agender-Personen) übernommen. Diese Verteilung von Arbeit ist Ausdruck einer ungerechten Geschlechterordnung, die mit kapitalistischen und rassistischen Strukturen verwoben ist. Putz- und zunehmend auch Pflegejobs etwa werden nicht selten von Migrant*innen erledigt, die dafür in prekären, unsicheren und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen ausgebeutet werden. FLINTA sind zudem einer Mehrfachbelastung ausgesetzt, die in der Pandemie durch die Kita- und Schulschließungen massiv zum Tragen gekommen ist. Etliche Mütter müssen sich neben der Lohnarbeit zusätzlich um Home-Schooling und Kinderbetreuung kümmern - Hauptsache, die Produktion läuft weiter. Wir müssen raus aus dieser Scheiße!
Wir brauchen eine gerechte Verteilung und Aufwertung von Care-Arbeit und den Ausbau einer öffentlichen sozialen Infrastruktur, die nicht an der Erwerbstätigkeit von Menschen, sondern direkt an ihren Bedürfnissen ausgerichtet ist. Wir brauchen eine erwerbsunabhängige Absicherung für alle und eine drastische Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich für mehr Zeit zum Leben. Weg von der Profitlogik, hin zu einer fürsorgenden Gesellschaft!
Parallel zu dieser wachsenden Belastung durch unbezahlte Sorge- und Hausarbeit haben sich die Arbeitsbedingungen in den bezahlten Care-Berufen, etwa in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, weiter verschlechtert. Schon vor der Krise litten Beschäftigte in diesen Bereichen an den Auswirkungen von Personalmangel, an Überlastung und schlechter Bezahlung. Der Druck auf das Personal ist weiter gestiegen, nicht selten wurde durch unzureichenden Arbeitsschutz die Gesundheit der Arbeiter* innen auf Spiel gesetzt. Immer mehr halten die Belastung nicht aus - allein von April bis Juli 2020 verließen 9.000 Pflegekräfte ihren Beruf. Mit Hashtags wie #Pflexit und #pflegteuchdochselbst bringen sie in den sozialen Medien ihre Wut, aber auch Resignation, zum Ausdruck.Währenddessen erzielen private Klinikbetreiber wie Asklepios und Helios auf dem Rücken von Gesundheitsarbeiter* innen große Gewinne - Asklepios machte allein im ersten Halbjahr 2020 knapp 22 Millionen Euro Profit. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens über Privatisierungen und die Einführung des Finanzierungssystems der Fallpauschalen (DRGs) hatten dieser Entwicklung in den letzten 20 Jahren den Weg bereitet. Konzerne wie Asklepios gehen dabei zunehmend gegen kritische Stimmen vor, wie sich an den Kündigungsversuchen an Romana und Anja in Hamburg zeigte. Diese sind aber auch ein Zeichen des wachsenden Selbstbewusstseins der Pflegekräfte, die sich nicht mehr alles gefallen lassen. Beide Kündigungsversuche scheiterten - was auch am öffentlichen Druck lag und deutlich macht, dass gesellschaftliche Solidarität etwas bewirken kann. In der kommenden Zeit gilt es, den Kampf der Beschäftigten und die gesellschaftliche Solidarität auch in reale Verbesserungen umzumünzen: mehr Personal, mehr Entlastung, mehr Geld, weg mit den DRGs. Lasst uns als Gesellschaft, als Arbeiter* innen und (potenzielle) Patient* innen das Gesundheitswesen wieder aneignen - Kliniken und Pflegeeinrichtungen dürfen nicht mit Gewinninteresse betrieben werden, sondern müssen in demokratische Verwaltung und unter gesellschaftliche Kontrolle! Wenn die Konzerne nicht freiwillig gehen, dann eben mit Enteignung.
Wenn wir an diesem 1. Mai, dem Kampftag der Arbeiter* innen, auf die Straße gehen, wollen wir deshalb Care-Arbeit und die Kämpfe von bezahlten und unbezahlten Care-Arbeiter* innen ins Zentrum rücken. Denn die Probleme erledigen sich nicht von selbst, und die geforderte Anerkennung bekommen wir nicht durch Klatschen. Wir brauchen eine ganz andere Gesellschaft - basierend auf Solidarität und Sorge statt auf Gewinnmaximierung und der Ausbeutung unbezahlter und schlecht bezahlter Arbeit! Dafür müssen wir uns organisieren und vernetzen, streiken und den Druck erhöhen - für eine Care Revolution und einen Weg raus aus Kapitalismus und Patriarchat!
Kommt deshalb mit uns am 1. Mai in den Care Revolution-Block auf der Demo des Bündnisses „Wer hat der gibt“!
14.00, Bahnhof Dammtor
Interventionistiche Linke Hamburg, Efras, Migrant*innenbund, 8M Bündnis